Nach 48 Jahren Tätigkeit verlässt ein „Uhl-Urgestein“ unseren Betrieb
Erich Rügamer ist bekannt dafür, dass er sein Herz gerne auf der Zunge trägt. Zugleich war er sich nie zu schade – egal, für welche Arbeiten bei Uhl. Anspruchsvolle Bauvorhaben haben ihn seit jeher besonders motiviert. Jetzt, nach 48 Jahren Dienst in unserem Familienunternehmen, sagt „unser Erich“ ciao. Am 30. April wurde er im Rahmen einer Feierstunde von der Geschäftsführung in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Am selben Tag baten wir ihn um ein Interview.
Frage: Welche Funktion hattest Du zuletzt bei Uhl inne?
Erich Rügamer: Ich war zuletzt Obermonteur und Richtmeister.
Welche Tätigkeiten hast Du von Anfang an bei Uhl ausgeführt - bis heute?
Ich war eine Weile Lagerist für den Einkauf und Reparatur, dann eine ganze Zeit Schlosser in der Fertigung, habe im Metallbau und im Stahlbau in der Montageabteilung gearbeitet und war zuletzt im Stahlbau Obermonteur.
Gibt es Anekdoten, an die Du dich besonders gerne erinnerst?
Da gäbe es viele Geschichten zu erzählen! An eine erinnere ich mich ganz besonders: Wir sind eines Tages in den 1970-er Jahren von der Bibra-Straße in den Würzburger Hafen gezogen. Auf dem neuen Parkplatz des Firmengeländes durfte niemand parken, er war neu erstellt worden. Daher mussten wir Mitarbeiter zwischen den Eisenbahnschienen und dem Firmengelände auf einem Grünstreifen parken. An einem Tag, es war gerade Frühstückspause, hatten einige Mitarbeiter einen Strafzettel an der Fensterscheibe hängen. Unser Seniorchef Josef Schneider war verärgert. „Es kann doch nicht sein, dass wir alle Strafzettel erhalten. Wir sind doch die Firma Uhl!“ Der Seniorchef ging zur Polizei, mittags kam er zurück – und das Problem mit den Geldbußen war gelöst. Wie er das geschafft hat, entzieht sich bis heute meiner Kenntnis (lacht).
Noch eine Anekdote?
Als „Stifte“, das war damals der gängige Ausdruck für Auszubildende, konnten wir gelegentlich auch mal mit Betriebsmopeds fahren. Das durfte aber nicht jeder Azubi. Eines Tages bestand der Seniorchef darauf, dass ein Azubi mit dem Moped irgendwo etwas holen sollte. Doch wie es dann oft kommt, wurde der Azubi von der Polizei angehalten.
Der Seniorchef war ein paar Minuten später auf derselben Straße unterwegs und sah, dass der Azubi kontrolliert wurde. Er stieg aus und gab dem Stift vor den Augen der verdutzten Polizisten eine „Schelle“. Angeblich sagte er ihm: „Ich habe dir doch schon 100-mal gesagt, du sollst mit dem Moped nicht fahren“. Die Polizisten meinten, so hatte es der Chef damals uns erzählt, er bräuchte doch dem Azubi keine „Schelle“ geben. Das Ende der Geschichte: Die Polizei fuhr weg, der Seniorchef gab dem Azubi fünf Mark und meinte: „Lass dich von der Polizei bitte kein zweites Mal erwischen“. Der Seniorchef war schon ein richtiges Schlitzohr (lacht).
Worauf bist Du besonders stolz in Deiner Karriere?
Im Jahr 2012 habe ich mir bei einem schweren landwirtschaftlichen Unfall alle Finger der linken Hand abgetrennt. Das war eine schlimme Situation. Aufhören im Beruf wollte ich damals nicht. Eigentlich hatte man mich als Mitarbeiter angesichts der herausfordernden Tätigkeit und der Schwere der Verletzung schon abgeschrieben – die Ausnahme war Herr Strigl. Es stand die Frage im Raum: Soll ich nur noch die Leitung der großen Baustellen übernehmen, ohne dass ich handwerkliche Arbeiten verrichten muss? Irgendwie ging es doch weiter. Und weißt Du was? Ich habe in den Jahren danach mehr Tätigkeiten ausgeführt als vorher (lacht). Was mich außerdem freut: Ich wurde immer wieder mal von unseren Projektleitern und auch von den Chefs nach meinem Rat bei anspruchsvollen Projekten gefragt.
Und heute?
Inzwischen habe ich meine Tätigkeit bei Uhl schon dreimal verlängert, aber irgendwann muss mal Schluss sein. Ich bin ja schon 64 Jahre alt. Ein bisschen leben will ich ja auch noch. Ich gebe zu: Es hat sich vieles „angestaut“, was man sich in den letzten Jahren vorgenommen hat. Eigentlich ist es ein Fehler, solche Vorhaben immer nur in die Zukunft zu verschieben. Man sollte es tun, wenn es einem noch gut geht. Wer weiß, wie lange man fit bleibt und die Rente genießen kann?
Was hast Du besonders gerne gemacht bei Uhl?
Ich mochte es schon immer, besonders schwere und knifflige Aufträge zu absolvieren. Ich sagte schon immer: Eine einfache Halle hinstellen – das kann jeder (lacht).
Was empfiehlst Du jungen Mitarbeitern, wenn es um die eigene Karriere geht?
Mein Motto lautet: „Immer am Ball bleiben und arbeiten, so gut es geht“. Was ich immer wieder feststelle: Manchen jungen Leuten fehlt oft der Ehrgeiz, daneben ein gewisses Maß an Selbstständigkeit. Wenn ich mich manchmal umhöre, stelle ich fest: Manche Jugendliche wollen bestimmte Herausforderungen gar nicht annehmen. Die verdienen dann lieber weniger Geld, legen sich – einfach ausgedrückt – dafür abends auf die Couch und wollen sich mit Dingen, die am nächsten Tag im Beruf anstehen, gar nicht so sehr beschäftigen.
„Man sollte immer zuhören und es schätzen, wenn ein anderer Kollege etwas zu sagen hat“.
Hast Du Verständnis dafür?
Ich kann es verstehen, wenn man eine Familie und Kinder hat. Ich war selber mal dreieinhalb Jahre am Stück unter der Woche selten zu Hause. Da hängt dann viel Arbeit und Verantwortung an der Frau.
Wenn Du auf Deine Zeit bei Uhl von 48 Jahren zurückblickst: Was würdest Du heute anders machen?
Im Nachhinein würde ich gerne eine Tätigkeit in der Bauleitung ausführen.
Was empfindest Du heute - am Ende Deiner beruflichen Zeit?
Die Firma müsste sich aus meiner Sicht hinsichtlich des Produktangebots breiter aufstellen. Ich denke an Geschäftsfelder wie Umwelttechnik. Sich auf Stahl, Aluminium, Fenster und Fassaden zu konzentrieren, reicht für mich heute nicht mehr aus. Die Konkurrenz im Hallenbau ist groß, bei der Sparte Fenster und Fassaden ist der Wettbewerb noch härter. Für ganz große Aufträge, wie etwa bei öffentlichen Einrichtungen, fehlt uns meist das Personal. Leider sterben die „Alten“ mit der großen Berufserfahrung allmählich aus.
Worauf freust Du dich - beim Blick auf die Rente?
Dass ich endlich mehr Zeit für mich habe und in den Tag hineinleben kann. Es gab Tage bei Uhl, an denen ich früh um 6 Uhr das Haus verlassen habe und abends um 7 Uhr nach Hause gekommen bin.
Wirst Du etwas vermissen, wenn Du die Türe hinter Dir schließt?
Ich hatte fast jeden Tag eine neue Aufgabe, manchmal im hintersten Winkel von Deutschland. Ich würde sagen: Kein Tag war wie jeder andere. Das war schon schön.
Was gibst Du Deinem Arbeitgeber mit auf den Weg? Hast Du eine „Empfehlung“?
Wie schon erwähnt: Die Firma sollte sich breiter aufstellen. Hinzu kommt noch etwas anderes, was mir wichtig ist. Die Wertschätzung der Führungskräfte gegenüber den Kollegen! Das hat sich in den letzten zwei, drei Jahren gebessert, seitdem Marko Graf und Thomas Schneider als Geschäftsführer das Ruder übernommen haben. Ein guter Facharbeiter kann heutzutage fast überall seinen Beruf fortsetzen, das muss man sich immer als Führungskraft bewusst machen. Das Thema Wertschätzung ist auch unter den Kollegen auf einer Ebene immer ein großes Thema gewesen, manchmal gab es zu wenig davon.
Welche Hobbys hast Du?
Ich kümmere mich gerne um den Obstbau, ich gehe gerne wandern mit dem Hund, bin im Schützenverein, spiele Schafkopf und halte mich gerne im Garten auf. Ferner bin ich in der Vorstandschaft des Schützenvereins und des Obst- und Gartenbauvereins Leinach.
Was isst Du gerne?
Tafelspitz, also Rindfleisch mit Meerrettich.
Wie hältst Du dich heute fit und in Zukunft?
Ich gehe gerne wandern, schwimmen und auch mal in die Sauna.
Hast Du ein Lebensmotto?
Leben und leben lassen! Und: In der Ruhe liegt die Kraft!
Nenne uns drei typische Charakter-Eigenschaften des Erich Rügamer!
Ich halte mich für ehrlich, hilfsbereit und verlässlich.
Ein letzter Satz von Dir!
Ich mag keine „Klugscheißer“ und Angeber! Man sollte aber immer zuhören und es schätzen, wenn ein anderer Kollege etwas zu sagen hat. Jeder hat seine Erfahrungen, seine Stärken, die er im Betrieb einbringen kann.
Vielen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Stefan Beck
Bild oben: Erich Rügamer äußert sich am Tag seiner Verabschiedung. Foto: Thomas Schneider